Ernährung bei Migräne

„Es gibt viele Migräne-Mythen rund ums Essen“

Von Nadine Effert · 2023

Porträt: Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie
Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie

Gibt es wirklich die richtige Ernährung bei Migräne? Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie, erläutert, worauf Betroffene achten sollten.

Migräne wird durch bestimmte Trigger ausgelöst. Welche Rolle spielt dabei die Ernährung?

Der Lebensstil und die Ernährung spielen für Menschen mit Migräne eine enorme Rolle. Das bedeutet nicht, dass ganz bestimmte Lebensmittel immer Migräne auslösen und andere nicht. Diese Annahme gehört zu den vielen Mythen und Missverständnissen, die es rund um Migräne und Ernährung gibt. Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Vorbeugung ist, dass wir die Betroffenen individuell betrachten, statt pauschal bestimmte Lebensmittel als Migräne-Trigger zu deklarieren. Denn jeder Mensch und jeder Stoffwechsel reagiert anders, obwohl das Gleiche gegessen wurde.

Welche Migräne-Mythen rund um die Ernährung gibt es noch?

Dass Schokolade immer Migräne triggert, ist bis heute ein weit verbreiteter Irrglaube. Wie Studien zeigen, gibt es bereits in den Tagen vor einer Migräneattacke einen erhöhten Bedarf an Energie im Gehirn. In der Folge bekommen Betroffene Heißhunger auf Süßes, denn das Gehirn verlangt als Schutzreaktion auf ein Energiedefizit nach schnell verfügbarer Energie. So ein Heißhunger ist also bereits ein Vorbote der Migräne.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Blutzucker und Migräne?

Ein konstanter Blutzuckerspiegel bewirkt, dass unser Gehirn gleichmäßig mit Energie versorgt wird. Denn unser Gehirn kann Energie nicht so speichern, wie wir das von anderen Organen kennen. Blutzucker ist also quasi sein Treibstoff, der beim Verdauungsprozess entsteht. Der Gehalt an Blutzucker kann jedoch für das Gehirn „Achtung, Energiealarm!“. Viele Migränebetroffene reagieren darauf besonders sensibel, was sich in den Attacken äußert. Man kann sich das vorstellen wie ein Not-Aus-Schalter, der dazu führt, dass sich Betroffene vor lauter Schmerz ganz zurückziehen und weder Lärm noch Licht vertragen.

Was können Betroffene, abgesehen von Medikamenten, zur Vorbeugung tun?

Regelmäßig schlafen, regelmäßig essen und den Stresspegel niedrig halten sind drei Grundregeln, wie man die Migräne aktiv über den Lebensstil beeinflussen kann. Mittlerweile kann beispielsweise mit einer innovativen App genau bestimmt werden, welche Mahlzeiten den Blutzuckerspiegel individuell stabil halten. Sie steht Betroffenen auf Rezept zur Verfügung.

Warum ist diese Art der nicht medikamentösen Migräne-Prophylaxe so wichtig?

Migräneerkrankte Menschen schränken sich in ihrem ganzen Leben so stark ein, dass es ihnen guttut zu wissen, was sie auch mal hemmungslos genießen können, weil sie es vertragen. Es geht also auch um gezielten Genuss. Es gibt über 80-Jährige, die mir in der Sprechstunde erzählen: „Ich habe mein Leben keinen Käse gegessen und keinen Rotwein getrunken und habe immer noch Migräne.“ Daher wird es Zeit, mit Mythen aufzuräumen und Technologien einzubeziehen, die wissenschaftlich fundiert sind.

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