Migräne was hilft

„Das Gehirn ist ein Gewohnheitstier“

Von Nadine Effert · 2024

Interview mit Dr. med.  Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie
Interview mit Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie

Frauen leiden häufiger und stärker an Migräne als Männer. Doch nicht nur die weiblichen Geschlechtshormone spielen dabei eine Rolle, sondern auch Insulin. Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie, erklärt, welche Hormone Migräne triggern, und wie Betroffene über die Ernährung gegensteuern können.

Frau Dr. Gendolla, welche Rolle spielen Hormone bei Migräne?

Es gibt Hunderte Hormone in unserem Organismus. Sie regeln die Kommunikation zwischen Organen und einzelnen Zellen und steuern komplexe Prozesse im Körper. Was Frauen im Laufe ihres monatlichen Zyklus oder in den Wechseljahren beobachten – wenn sie Stimmungsschwankungen haben oder eben auch Migräne –, hat einerseits mit Veränderungen des Östrogenspiegels zu tun. Hormonschwankungen passieren aber auch täglich, wenn der Körper nach dem Essen Insulin ausschüttet.

Wie kann man sich das vorstellen?

Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das für die Energiebereitstellung verantwortlich ist. Es funktioniert wie ein Transportmittel, das den Blutzucker in unsere Körperzellen bringt. Hier kommt die Ernährung ins Spiel: Wenn nämlich durch eine ungünstige Ernährung zu viel Zucker auf einmal ins Blut schießt, dann sorgt unser Körper für eine ordentliche Insulinausschüttung, der die Blutglukose schnell und stark abfallen lässt. Für das Migräne-Gehirn ergibt sich das Problem, dass es ungleichmäßig mit Energie versorgt wird. Und das mag es überhaupt nicht.

Gibt es denn eine „richtige“ Ernährung für Frauen bei Migräne?

Eine pauschal richtige Ernährung gibt es weder für Frauen noch für Männer. Das Besondere am weiblichen Organismus ist allerdings, dass er viel mit Hormonschwankungen zu tun hat. Wenn man bedenkt, dass unser Gehirn ein Gewohnheitstier ist und Gleichmäßigkeit liebt, macht das uns Frauen anfälliger für Migräne. Gleichzeitig haben wir über die Ernährung eine große Chance, ganz natürlich auf diese Hormonschwankungen einzuwirken.

Hormone sind auch der Grund, warum viele Frauen in den Wechseljahren Migräne bekommen.

Richtig, bereits ab einem Alter von 40 bis 45 Jahren werden die Hormone gewaltig durcheinandergebracht. Zusätzlich zum Östrogenabfall neigen Frauen dann dazu, eine Insulinresistenz zu entwickeln. Wenn das der Fall ist oder eine ungünstige Ernährung ständig hohe Blutzuckerschwankungen verursacht, kann das zu Migräneattacken führen. Auch Heißhunger und Gewichtszunahme hängen damit zusammen.

Worauf sollten Migräne-Betroffene achten?

Über eine Ernährung, die ihren Blutzucker stabil hält, können Betroffene hohe Insulinschwankungen vermeiden und auf natürlichem Weg Migräne vorbeugen. Die Reaktionen des Blutzuckerspiegels nach dem Essen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, auch wenn wir das Gleiche gegessen haben. Um die Ernährung zu personalisieren, den Blutzucker stabil zu halten und Migräne vorzubeugen, steht mittlerweile eine digitale Therapie als App zur Verfügung, die es sogar auf Rezept gibt. So haben Betroffene die Möglichkeit, ihre Migräneattacken ohne Nebenwirkungen und Risiken zu reduzieren.

Schon gewusst?

Sollte die behandelnde Person Ihre Migräne nicht ernst nehmen, empfiehlt es sich, eine auf Kopfschmerzen spezialisierte Fachperson aufzusuchen. Eine Liste – geordnet nach Postleitzahl – finden Sie auf der Homepage der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (https://www.dmkg.de/kopfschmerzexperten). Auch ratsam: das Führen eines Migräne-Tagebuchs, in dem Sie Ihre Schmerzattacken (Vorboten, Dauer, Auslöser, Begleitsymptome) dokumentieren.

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