Rückenschmerzen bei Frauen

„Anatomie und Hormone machen anfälliger“

Von Im Gespräch mit Nadine Effert · 2024

Dr. med. Sophia Schäfer-Rösch (l.) und Dr. med. Agne Ozalinskaite (r.), Ärztinnen für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum Bayreuth, erklären, warum Frauen häufiger von Rückenschmerzen betroffen sind als Männer und worauf es bei der Behandlung ankommt.

Frau, die unter Rückenschmerzen leidet, auf dem Bett sitzt
Foto: iStock / Prostock-Studio

Frau Dr. Schäfer-Rösch, was sind die häufigsten Ursachen, warum Frauen unter Rückenschmerzen leiden?

Dr. Schäfer-Rösch: Zu den häufigsten Gründen zählen Endometriose, Schwangerschaft, Regelschmerzen, Myome, Osteoporose, degenerative Bandscheibenerkrankungen, Hormonschwankungen, Überbelastung, schlechte Haltung und eine sedentäre Verhaltensform, also das Verbringen von viel Zeit im Sitzen oder im Liegen.

Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede, die Rückenschmerzen bei Frauen fördern?

Dr. Ozalinskaite: Ja, dazu gehören anatomische Unterschiede: Frauen haben eine andere Wirbelsäulen- und Beckenstruktur, was zu einer höheren Anfälligkeit führen kann. Hormonelle Einflüsse, insbesondere während des Menstruationszyklus, Schwangerschaft und Menopause können das Schmerzempfinden verstärken. Studien zeigen zudem, dass Frauen oft ein größeres Maß an Stress und psychischer Belastung erleben und auch häufiger an Depressionen leiden, was ebenfalls zu Rückenschmerzen führen kann.

Hormonelle Schwankungen beim weiblichen Geschlecht scheinen eine prominente Rolle zu spielen …

Dr. Ozalinskaite: Richtig, während des Menstruationszyklus schwanken die Spiegel von Progesteron und Östrogen, sie beeinflussen Schmerzempfindlichkeit und Stabilität der Gelenke. Zudem werden Prostaglandine freigesetzt, welche die Kontraktion der Gebärmutter verursachen und somit Schmerzen im unteren Rücken auslösen können. Während der Schwangerschaft wird das Hormon Relaxin gebildet, das Bänder und Gelenke lockert. Die Stabilität der Wirbelsäule kann somit beeinträchtigt sein. In der Menopause sinkt der Östrogenspiegel, die Knochendichte nimmt stetig ab. Beim prämenstruellen Syndrom können Rückenschmerzen durch Flüssigkeitsansammlungen im Körper verstärkt werden.

Was kann man während der Periode oder Schwangerschaft gegen Rückenschmerzen tun?

Dr. Schäfer-Rösch: Die Behandlung mit Wärme, sanfte Dehnübungen und Physiotherapie können effektive und schnelle Abhilfe verschaffen. Auch Schwimmen, Entspannungstechniken wie Yoga und Atemübungen sowie Massagen wirken sich positiv auf die Ursache des Schmerzes aus. In der Schwangerschaft kann vor allem ein Schwangerschaftsgurt den Rücken entlasten. Als medikamentöse Therapie können schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz kommen. Diese Ultima Ratio sollte allerdings zuvor ärztlich besprochen werden.

Müssten Rückenschmerzen bei Frauen und Männer aufgrund der anatomischen und hormonellen Unterschiede nicht anders betrachtet werden?

Dr. Schäfer-Rösch: In der Tat. Studien zeigen, dass sich Mädchen im schulpflichtigen Alter aufgrund psychologischer Ursachen, beginnender Menstruation und hormoneller Ungleichgewichte häufiger über Rückenschmerzen beklagen als Jungen. Ebenso wie Frauen in der Menopause aufgrund hormoneller Veränderungen. Ein Beispiel möchte ich hervorheben: Osteoarthritis, eine Krankheit, die jeden zehnten Menschen im Alter von 60 Jahren betrifft. Dabei kommt es zu einem Abbau und gleichzeitig zu einer Verknöcherung von Knorpel und Knochen, was Schmerzen, Funktionsverlust der Gelenke und Bewegungseinschränkungen verursacht. Dieser Zustand ist deutlich häufiger bei Frauen, insbesondere nach der Menopause. Es sind jedoch zwei Aspekte besonders wichtig: das Wissen der evidenzbasierten Medizin und die Berücksichtigung individueller Faktoren. Nur so können wir gezielte Unterstützung bieten und eine qualifizierte Hilfe gewährleisten.

Was raten Sie betroffenen Frauen?

Dr. Ozalinskaite: Ein entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg ist das erste Gespräch, in dem die Patientin bereit sein sollte, offen zu kommunizieren und alle notwendigen Informationen bereitzustellen. Falls spezifische Krankheitsursachen ausgeschlossen werden, ist es wichtig, dass die Patientin motiviert ist, aktiv an ihrer Heilung mitzuarbeiten und sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Unser Ziel ist es, zunächst ohne Medikamente zu helfen, indem wir Maßnahmen wie Ernährungsberatung, Bewegung, Physiotherapie, Massagen und Verbesserung des psychischen Wohlbefindens empfehlen. 

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