Frauenspezifische Risikofaktoren

Unterschiede mehr berücksichtigen

Von Nadine Effert · 2024

Frauen sind besonders, und auch ihre Gesundheit ist es. Das Wissen über frauentypische Risiken und Krankheiten kann viel dazu beitragen, damit zum Beispiel die unterschiedlichen Lebenslagen in der gesundheitlichen Versorgung und in der Gesundheitsvorsorge berücksichtigt werden.

Eine Frau meditiert
Regelmäßiges Meditieren reduziert Stress. Foto: iStock / shurkin_son

Mehr als 35 Millionen erwachsene Frauen leben in Deutschland. Das Geschlecht beeinflusst unsere Gesundheit wesentlich. Das Wissen um diese Unterschiede gibt es schon. Doch wie es zu dazu kommt, wird jetzt intensiver erforscht. Frauen werden nicht nur älter, sie haben oftmals auch spezifische Risikofaktoren, die sie von Männern unterscheiden, etwa familiäre Belastung, Umgang mit Stress und hormonelle Umstellungen.

Wohlbefinden Von Lebensphasen bestimmt

Laut Bundesministerium für Gesundheit gehören zur Frauengesundheit nicht nur biologische, sondern auch psychische und soziale Aspekte wie familiärer Zusammenhalt und sozialer Status. Großen Einfluss auf das weibliche Wohlbefinden haben die jeweilige Lebensphase der Frau und das Alter, insbesondere ab den Wechseljahren. Fakt ist, dass das Risiko für bestimmte Krankheiten mit dem Alter zunimmt. Das betrifft auch Tumorerkrankungen, allen voran Brustkrebs, die häufigste Krebsart bei Frauen. Das Gute: Aufgrund einer verbesserten Früherkennung, gezielteren Therapiemethoden und einer interdisziplinären Betreuung ist die Sterberate seit einigen Jahren gesunken – trotz der steigenden Zahl an Neuerkrankungen. 

Strippenzieher Hormone

Apropos Wechseljahre. Mediziner bezeichnen den Zeitabschnitt der hormonellen Umstellung bis zur letzten Monatsblutung, die im Schnitt mit 52 Jahren eintritt, als Klimakterium. Das bedeutet so viel wie „kritischer Zeitpunkt im Leben“. Dieser Begriff passt in zweierlei Hinsicht: Zum einen endet mit der letzten Regelblutung, der Menopause, die Fruchtbarkeit; zum anderen sind die Wechseljahre, die meist Mitte 40 beginnen, für die meisten Frauen keine einfache Zeit. Diese prägende Phase, in der sich aktuell rund neun Millionen Frauen in Deutschland befinden, rückt durch die Gendermedizin zunehmend in den Mittelpunkt der Forschung. Anlass sind unsichtbare Strippenzieher in Form von Sexualhormonen wie vor allem Östrogen und Progesteron, deren Produktion in dieser Zeit nach und nach versiegt, was Einfluss auf das körperliche und seelische Wohlbefinden hat. Mehr als 30 Symptome rund um die Menopause werden aktuell diskutiert. 

„Es herrscht eine große Unwissenheit, wenn es um die Menopause und ihre gesundheitlichen Folgen geht. Besonders in der ersten Phase, der sogenannten Perimenopause, kommen vermehrt Frauen zu mir in die Praxis, weil es ihnen aufgrund starker Schwankungen des Östrogen- und Progesteronspiegels nicht gut geht. Sie leiden zum Beispiel unter Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Hitzewallungen oder Müdigkeit“, erklärt die Gynäkologin und Autorin Dr. Judith Bildau, die sich für die Förderung der Frauengesundheit engagiert, in einem Interview anlässlich des diesjährigen Internationalen Tags der Frauengesundheit am 28. Mai.

Frauenspezifische Risikofaktoren

Frauen sind von Schlafstörungen doppelt so häufig betroffen wie Männer – das liegt nicht nur an den Hormonen, auch Stress gilt als ein Hauptauslöser für Ein- und Durchschlafprobleme. Frauen können erwiesenermaßen schlechter abschalten. Gemäß einer Forsa-Umfrage für die Kaufmännische Krankenkasse KKH aus 2023 fühlen Frauen sich häufiger gestresst als Männer: Jede zweite Befragte gibt an, häufig oder sehr häufig unter Druck zu stehen. Bei Männern ist der Anteil mit 37 Prozent deutlich geringer. „Chronischer Stress und enorme psychische Belastungen steigern das Risiko für einen hohen Blutdruck und die Entwicklung weiterer Herzerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall“, erläutert KKH-Expertin Dr. Sonja Hermeneit. Das Tückische sei, dass Stress häufig als harmlose Begleiterscheinung des Alltags oder gar als Statussymbol in der heutigen Leistungsgesellschaft wahrgenommen wird. 

Auch beim Thema Rückenschmerzen, unter denen über 60 Prozent der deutschen Frauen leiden, wird Stress häufig unterschätzt. „Stress führt dazu, dass sich die Muskeln im Rückenbereich verspannen, was Schmerzen auslöst. Chronischer Stress kann auch zu einer Entzündung im Körper führen, die wiederum zu Schmerzen beitragen kann“, sagt Gesundheits- und Ergonomie-Beraterin Anne-Marie Glowienka in einer Mitteilung des Vereins Aktion Gesunder Rücken (AGR). Bei mehr als 30 Prozent der Betroffenen sei die Psyche, und hier vor allem Stress, an der Entstehung von Rückenschmerzen beteiligt. 

Prävention und Auszeiten

Fakt ist: Es gibt gesundheitliche Besonderheiten und Krankheiten, von denen nur Frauen betroffen sind, und solche, die bei Frauen häufiger oder in anderer Form als bei Männern auftreten. Das Wissen über geschlechterspezifische Unterschiede kann helfen, durch gezielte Gesundheitsförderung und Früherkennungsuntersuchungen frauentypische Risiken zu vermeiden und Krankheiten frühzeitig zu erkennen – und zu behandeln. Grundsätzlich das A und O: Prävention durch einen gesunden Lebensstil, der auf gesunder Ernährung, körperlicher Aktivität, Verzicht auf Alkohol und Rauchen und Maßnahmen zur Stressbewältigung basiert. Es gibt so einige wissenschaftlich belegte Wundermittel gegen Stress – und dazu gehört auch ein bekannter Vertreter namens Urlaub. Jeder weiß: Auszeiten sind Balsam für die Seele. Mehr noch: So hat die im Fachmagazin „Psychology & Health“ erschienene Studie „Do vacations alter the connection between stress and cardiovascular activity?“ herausgefunden, dass sich allein die Reisevorfreude positiv auf die Herzfrequenz auswirkt. Vor lauter Freude auf die bevorstehende Auszeit sollte aber eines nicht vergessen werden: spätestens sechs Wochen vor Abflug den Impfpass checken – insbesondere wenn es in ferne Länder geht, in denen zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Dengue-Fieber, Hepatitis und Gelbfieber besteht. Auch im Alltag ist es wichtig, das persönliche Stresslevel herunterzufahren, ob mit Yoga, Entspannungstechniken oder Achtsamkeit – für sich selbst, für mehr Wohlbefinden und für die eigene Gesundheit. 

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